Dänemark gilt seit Jahren als europäischerVorreiter in Sachen Beschäftigung und Innovation. Das Fundament dieserErfolgsgeschichte: Eine starke Sozialpartnerschaft, die den Arbeitsmarktweitgehend autonom gestaltet. Besonders sichtbar werden deren Leistungen in denBereichen Weiterbildung und Arbeitsmarktintegration, vor allem von Frauen und Älteren. Ein fein austariertes System sozialpartnerschaftlich entwickelterArbeitsmarktanreize schafft die notwendigen Rahmenbedingungen.
Die Frauenerwerbsquote liegt in Dänemarkdeutlich höher als in Österreich. Während hierzulande noch immer rund 51 % derFrauen Teilzeit arbeiten, betrifft dies in Dänemark nur etwa 38 %. EinRechtsanspruch auf Kinderbetreuung bis zum Schuleintritt und flexibleArbeitszeitmodelle, die durch Tarifverträge unterstützt werden, ermöglichenindividuelle Lösungen für Frauen und Familien. Das Ergebnis: Ein deutlichgeringerer Gender- und Pension Pay Gap als in Österreich.
Arbeit, die passt: Lebenslanges Lernenermöglichen
Ein Herzstück des dänischen Modells sindkonsequente Investitionen in lebenslanges Lernen. Über kollektivvertraglichorganisierte Fonds finanzieren Unternehmen branchenspezifische Weiterbildungund Qualifizierung - inklusive Lohnersatz und Zuschüsse. Die Sozialpartnerverhandeln regelmäßig Anpassungen an neue Anforderungen wie Digitalisierung,Künstliche Intelligenz oder die grüne Transformation. So kann die kollektiveArbeitskraft mit dem Strukturwandel Schritt halten.
Gerade für ältere Arbeitnehmer:innen ist diesentscheidend: Sie können ihre Kompetenzen durch praxistauglicheWeiterbildungsmodelle ausbauen und bleiben so länger im Erwerbsleben. Miteiner Beschäftigungsquote der 55–64-Jährigen von über 75 % (Österreich: 59 %)zählt Dänemark zu den europäischen Spitzenreitern. Der Erfolg beruht aufeiner Kombination aus Weiterbildung, Beschäftigungsanreizen und flexiblenArbeits(zeit)modellen. Wer nach längerer Erwerbstätigkeit arbeitslos wird, kannetwa über kommunale Programme weiterbeschäftigt werden. Tarifliche Regelungenermöglichen es Älteren, schrittweise kürzer zu arbeiten - ohne Einbußen bei denRentenansprüchen. So entsteht ein System, das älteren Arbeitnehmer:innen denVerbleib im Erwerbsleben erleichtert und zugleich ihre beruflicheAnpassungsfähigkeit stärkt.
Österreich könnte von einigen dieser Modelleprofitieren – allerdings bleiben auch in Dänemark Herausforderungen bestehen.
Länger arbeiten, später in Pension: DieGrenzen des Systems
Das Pensionsmodell in Dänemark ruht auf dreiSäulen: einer staatlichen, universellen Grundpension, kollektivvertraglichenZusatzpensionen mit hohem Arbeitgeberanteil und der freiwilligen privatenVorsorge. Die zweite Säule ist jedoch stark von der Entwicklung derFinanzmärkte abhängig, wodurch die Höhe der späteren RentenleistungenSchwankungen unterliegt.
Das gesetzliche Rentenalter beträgt 67 Jahre,das tatsächliche Renteneintrittsalter liegt bei rund 65 Jahren. Eine sogenanntePensionsautomatik passt das Antrittsalter schrittweise an die steigendeLebenserwartung an – für nach 2005 Geborene liegt der vorgesehenePensionseintritt erst bei 74 Jahren.
Dieses System stößt mittlerweile an Grenzen:Es verstärkt soziale Ungleichheiten. So sind die Auswirkungen eines späterenRentenalters für Menschen, die körperlich hart arbeiten und weniger verdienen,besonders ungünstig. Zusätzlich belasten die demografische Entwicklung und einesinkende Tarifabdeckung die Finanzierung, und volatile Finanzmärkte erschwerendie nachhaltige Anlagesteuerung von Betriebsrenten der 2. Säule. DänischeGewerkschaften fordern daher eine Pensionsreform, die eine Verlangsamung der Automatikund differenzierte Anpassungen des Renteneintrittsalters nach Berufsgruppenvorsieht.
Trotz dieser Herausforderungen bleibt Dänemarkein Beispiel dafür, wie wirtschaftliche Innovation und sozialer Ausgleichmiteinander vereinbar sind. Die Fähigkeit, Reformen sozialpartnerschaftlich zugestalten und laufend weiterzuentwickeln, ist ein zentraler Erfolgsfaktor.

Von Dänemark lernen – ja bitte!
Dänemark zeigt jedenfalls, dass lebenslanges Lernen, flächendeckende Kinderbetreuung, gerechte Arbeitsgestaltung und eine starke Sozialpartnerschaft der Schlüssel für Innovation, Wettbewerbsfähigkeit, hohe Erwerbsquoten und insbesondere den Erwerbsverbleib älterer Beschäftigter sind.
Die zentrale Herausforderung besteht darin, ein innovations freundliches Klima zu schaffen, das gleichzeitig dieErwerbsfähigkeit und Lebensqualität der Arbeitnehmer:innen sichert.
Auch das dänische Steuersystem trägt seinen Teil dazu bei: Es ist früher progressiv und stärker vermögensbezogen als das österreichische. Höhere Immobilien- und Erbschaftssteuern, eine progressive Kapitalertragsteuer und marktwertbasierte Immobilienbewertungen sichern stabile Einnahmen und tragen zur Finanzierung des Wohlfahrtsstaates bei. Österreich hingegen verzichtet auf Vermögens- und Erbschaftssteuern und arbeitet weiter mit veralteten Bewertungsgrundlagen – ein Nachteil für dielangfristige Finanzierungsbasis des Sozialstaates.


