Wenn Menschen in Not sind, leisten Gewerkschaften Hilfe. So war das früher und so ist das heute. Deshalb war die Unterstützung für die Menschen in der Ukraine für den ÖGB von Beginn an selbstverständlich. Schon Anfang März fand der erste gewerkschaftliche Hilfstransport statt, wenig später folgten zwei weitere Transporte. So wurden bereits Tonnen an Hilfsgütern in die Ukraine gebracht – und die Unterstützung geht weiter.

Wien, 6 Uhr morgens: Das Begleitfahrzeug des zweiten ÖGB-Hilfstransports setzt sich in Bewegung. Sechs GewerkschafterInnen haben darin Platz genommen, der große Kofferraum ist bis oben mit Medikamenten vollgestapelt. Doch der größte Teil der Ladung befindet sich im Lkw. Die 15 Tonnen an Hilfsgütern hat Lenker Ali Gjura bereits am Vortag eingeladen – Lebensmittel, Decken, Betten und Heizstrahler.

Wer rasch hilft, hilft doppelt. Die KollegInnen aus der Ukraine sagen uns, was sie brauchen – wir organisieren und liefern es.
Marcus Strohmeier, Internationaler Sekretär des ÖGB

Als in seiner Firma, Venz Logistik, die Frage aufgekommen war, wer die Hilfslieferung an die ukrainische Grenze übernehmen wolle, hatte er sich sofort gemeldet. „Ich weiß, was Krieg bedeutet“, erzählt Ali, dessen Eltern aus dem ehemaligen Jugoslawien stammen. „Es geht darum, den Menschen möglichst schnell zu helfen. Da darf man keine Zeit verlieren.“ Dem kann der Internationale Sekretär des ÖGB, Marcus Strohmeier, nur zustimmen: „Wer rasch hilft, hilft doppelt. Die KollegInnen aus der Ukraine sagen uns, was sie brauchen – wir organisieren und liefern es.“

Ein Krieg in unserer Nachbarschaft

Im Begleitfahrzeug ist es zunächst sehr ruhig. Einige wirken nachdenklich, andere leicht angespannt. Nach einiger Zeit entwickelt sich ein Gespräch über das aktuelle Kriegsgeschehen und dessen Auswirkungen. Martina Schneller von der Gewerkschaft PRO-GE erklärt, wie die Produktion über die letzten Jahre immer mehr von Österreich in Billigproduktionsländer ausgelagert wurde. Zu diesen gehört auch die Ukraine, wo der Mindestlohn aktuell bei 270 Euro liegt. „Und jetzt? Jetzt mangelt es BMW in Steyr an Kabelbäumen und 3.000 Leute sind in Kurzarbeit“, fasst sie zusammen. Das Beispiel zeigt eindrucksvoll, wie vernetzt die Arbeitswelt mittlerweile ist, aber auch, wie nahe uns der Krieg in der Ukraine eigentlich ist – ganz abgesehen davon, dass man von Wien aus schneller an der ukrai-nischen Grenze ist als in Vorarlberg.

ÖGB als internationales Vorbild

Zu Mittag erreicht der gewerkschaftliche Hilfstransport die ostslowakische Stadt Košice, wo sich Miroslav Hajnoš vom Slowakischen Gewerkschaftsbund dem Konvoi anschließt. „Seit Kriegsbeginn nehmen wir Geflüchtete aus der Ukraine in unseren Gewerkschaftshäusern in der Ostslowakei auf. Jetzt wollen wir den nächsten Schritt machen und Hilfsgüter in die Ukraine bringen. Weil ihr wisst, wie man das am besten organisiert, komme ich mit euch mit.“