Es ist ein Axthieb mit Ansage: Im Wahlkampf hat Trump angekündigt, 275.000 der insgesamt 2,4 Millionen Bundesbediensteten zu entlassen. „Den Sumpf in Washington trockenlegen“,so heißt das in seiner gewohnt brachialen Rhetorik und ist Teil seiner illiberal-autoritären „Agenda 47“. Zeit hat sein Team keine verloren: Über 135.000 mussten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits gehen. Der US-amerikanische Gewerkschaftsbund wird regelrecht überrannt, und man versucht in Webinaren, die vielen Anfragen von Betroffenen und Menschen, die um ihren Job bangen, zu beantworten. In einem Staat ohne gut funktionierendes Sozialsystem bedeuten die Massenentlassungen nicht nur für sie und ihre Familien ein Desaster. Sie haben Folgen für das ganze Land. Der Kahlschlag bedroht die Stabilität der kritischen Infrastruktur, wenn zum Beispiel Fachleute in der Wetterbehörde fehlen, die sich um Frühwarnsysteme für Überschwemmungen oder Waldbrände kümmern. Viele Expert:innen fürchten den Zusammenbruch zentraler Datensysteme. Die Verbraucher:innenschutzbehörde „Consumer Financial Protection Bureau“, die den großen Banken auf die Finger schaut, wurde komplett entkernt. Zusätzlich zerstören Trump und seine Entourage schleichend die Unabhängigkeit der Behörden, indem sie „illoyale“ Angestellte feuern und durch treue Gefolgsleute ersetzen, vor allem inSicherheitsbehörden wie der CIA oder der Steuerbehörde IRS. Luc Triangle, Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbundes, bringt es auf den Punkt: „Zynische Milliardär:innen ersticken die Demokratie.“
Demokratieabbau stoppen
Und die ist nicht nur in den USA gefährdet. ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian sagt: „Wir erleben weltweit, wie demokratische Systeme stückchenweise ausgehöhlt werden. Das bringt Arbeitnehmer:innenrechte in Gefahr. Gewerkschaften brauchen die Demokratiewie die Luft zum Atmen.“ Er sieht auch den ÖGB in der Pflicht: „Es liegt unter anderem an uns und an unseren Betriebsrät:innen, die betriebliche Mitbestimmung zu stärken. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Absicherung der Demokratie.“
Liz Shuler, Chefin des US-amerikanischen Gewerkschaftsbundes „American Federation of Labor and Congress of Industrial Organizations“ (AFL-CIO), erzählt in einem Webinar, Trumps Kahlschlag habe bei vielen US-Bürger:innen zwei Gefühle geweckt: Sorge vor den regierenden Republikaner:innen, aber auch Frust über die Demokrat:innen, die versagt hätten. Für sie könnte die Arbeiter:innenbewegung jetzt besonders attraktiv sein, meint Shuler. Gezielt möchte die AFLCIO in Kampagnen Trump-Wähler:innen ansprechen: „Sie haben ihn gewählt, und jetzt hat er Sie gefeuert? Schließen Sie sich uns an!“ Ergänzt wird das durch Beratungen und „Kenne deine Rechte“-Trainings, die zum Beispiel aufzeigen, wie man sich gegenrepressive Aktionen der Einwanderungsbehörde wehrt. Damit widerspricht Liz Shuler dem gängigen Vorurteil, die linke Bewegung in den Staaten befinde sich in Schockstarre.Dieser Eindruck entstünde, weil die Gewerkschaften ganz bewusst nicht auf jeden Tweet und jede neue abstruse Ankündigung Trumps reagieren.
Flut an Klagen
Ein Großteil des Protests findet nicht in der Sphäre des Trump’schen PR-Blendwerksstatt, sondern konkret im Tagesgeschäft der Politik: im Kongress und in den Gerichtssälen. Dort versuchen Trumps Gegner:innen, die Entlassungen für illegal erklären zulassen. Das dauert, denn entschieden wird nur im Einzelfall. Aber die Klagen haben – zumindest juristische – Folgen: In Nordkalifornien und Maryland wurden die Entlassungen bereits als illegal deklariert. Auch vom Supreme Court gibt es Gegenwind:Trump wollte den Leiter der Behörde zum Schutz von Whistleblower:innen feuern und kam damit nicht durch. „Durch die vielen Klagen verlangsamen wir die Dinge“, erklärt Liz Shuler. Die Aktionen der Trump-Gegner:innen kämen gut an: „Wir haben mehrAuftrieb als je zuvor. 71 Prozent befürworten derzeit die Arbeit der Gewerkschaften – und sogar neun von zehn Menschen unter dreißig.“ Ein Hoch wie zuletzt vor 60 Jahren.Auch für ÖGB-Präsident Katzian ist jetzt die Zeit für globale Mobilmachung: „Wir müssen die internationale Solidarität vorantreiben, wenn wir den weltweitenRechtsruck und die zunehmende Autoritarisierung aufhalten wollen“, sagt der ÖGBPräsident. Das Kapital und rechtsextreme Organisationen seien bestens vernetzt. „Das müssen wir auch sein, um dagegen zuhalten. Im Zuge der Krisen und Kriege dürfen wir uns nicht dazu verleiten lassen, nur noch die Probleme innerhalb der eigenen Grenzen zu sehen, sondern müssen diese in einen internationalen Kontext stellen. Diese großen Herausforderungen lassen sich nur gemeinsam lösen.“
„Es liegt an uns und unseren Betriebsrät:innen, die betriebliche Mitbestimmung zu stärken“, sagt ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. „Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Absicherung der Demokratie.“
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